Allgemein

Der Fachkräftemonitor von WifOR ist eine interaktive Webanwendung, mit der sich die regionale Fachkräfteentwicklung in Oberösterreich sowie den fünf NUTS-3 Regionen des Bundeslandes anschaulich visualisieren und vergleichen lässt. Die Nutzerin / der Nutzer kann dabei aus einer Vielzahl von Parametern die für sie / ihn relevanten Daten auswählen und sie entsprechend ihrer / seiner individuellen Bedürfnisse filtern und zusammenstellen. Die aktuelle Version des Fachkräftemonitors orientiert sich an der Wirtschaftszweigklassifikation ÖNACE 2008 und den Qualifikationsniveaus und Tätigkeitsfeldern der abgestimmten Erwerbsstatistik 2018 von Statistik Austria.

Erläuterung der Berechnungsmethodik sowie der zugrundeliegenden Annahmen

In der nachfolgenden schematischen Darstellung werden das Zusammenspiel von Fachkräfteangebotspotenzial und Fachkräftenachfragepotenzial auf dem Arbeitsmarkt sowie deren Zusammensetzung im Fachkräftemonitor dargestellt.

Quelle: WifOR, 2022, eigene Darstellung

Das Angebotspotenzial zum Zeitpunkt t+1 (bspw. im Jahr 2019) setzt sich aus dem Bestand der unselbstständig Beschäftigten (UB) sowie der gemeldeten Arbeitslosen (AL) zum Zeitpunkt t (Jahr 2018) sowie der Summe der Neuzugänge Pflichtschul,- Lehr-, Schul- und Studienabsolventen (Abs.) bis zum Zeitpunkt t+1 (Jahr 2019) zusammen. Gemindert wird das Arbeitsangebotspotenzial zum Zeitpunkt t+1 (Jahr 2019) durch die altersbedingt ausscheidenden Erwerbstätigen (RE). Aus der Aggregation dieser Größen lässt sich das gesamte auf dem Arbeitsmarkt vorhandene Angebot an Arbeitskräften zum Zeitpunkt t+1 (Jahr 2019) berechnen.

Das Nachfragepotenzial zum Zeitpunkt t+1 (Jahr 2019) ergibt sich aus dem Bedarf seitens der Unternehmen. Dabei setzt sich der Bedarf einerseits aus der Basis der unselbstständig Beschäftigten zum Zeitpunkt t (Jahr 2018), welche zusammen die gedeckte Nachfrage bilden, und andererseits aus der ungedeckten Nachfrage zum Zeitpunkt t+1 (Jahr 2019) zusammen. Die ungedeckte Nachfrage kann als Summe des demografiebedingten Ersatzbedarfs und des konjunktur- und strukturbedingten Ergänzungsbedarfs verstanden werden.

Ein Fachkräfteüberschuss auf dem Arbeitsmarkt tritt definitionsgemäß dann auf, wenn das Fachkräftepotenzial größer als die Fachkräftenachfrage ist. Umgekehrt entsteht ein Fachkräfteengpass, wenn die Arbeitsnachfrage größer ist als das Arbeitsangebot. Dieser Zusammenhang ist nicht ausschließlich für den Gesamtarbeitsmarkt gültig, sondern auch für das Angebot an bzw. die Nachfrage nach einzelnen Qualifikationen bzw. Tätigkeitsfeldern.

Bei der Modellierung wird, wie aus der Darstellung hervorgeht, methodisch zwischen dem Fachkräfteangebotspotenzial und dem Fachkräftenachfragepotenzial sowie zwischen einer Vergangenheitsbetrachtung der Fachkräfteentwicklung in den Jahre 2005 bis 2018 und einer Zukunftsbetrachtung bis ins Jahr 2030 unterschieden.

Modellierung der Angebotsseite

Das Arbeitsangebotspotenzial (AP) setzt sich zum Zeitpunkt t aus den folgenden Komponenten zusammen:

APt = UBt + ALt + SC t
mit UBt: unselbstständig Beschäftigte zum Zeitpunkt t, ALt: gemeldete Arbeitslose zum Zeitpunkt t, SCt : Personen die sich zum Zeitpunkt t in einer AMS-Maßnahme befinden mit t = 2008,...2018.

Wie der voranstehenden Formel zu entnehmen ist, ist in der Vergangenheits- bzw. Istbetrachtung davon auszugehen, dass lediglich die Arbeitslosen als zusätzliches Fachkräfteangebot zur Verfügung stehen. Die Pflichtschul,- Lehr-, Schul- und Studienabsolventen gehen direkt einer unselbständigen Beschäftigung nach oder aber melden sich arbeitslos. Um der Humankapitalentwertung von Fachkräften Rechnung zu tragen, werden Arbeitslose mit einer Arbeitslosendauer von über zwei Jahren aus dem Angebot herausgerechnet.

Nachdem der Beschäftigungsstand im Ausgangsjahr t ermittelt wurde, erfolgt in einem nächsten Schritt die Fortschreibung der Daten bis in das Jahr 2030. In nachstehender Formel ist der funktionale Zusammenhang des Angebotspotenzials (AP) zum Zeitpunkt t+1 aufgeführt.

APt+1 = f(APt,ABSt+1+,REt+1 - ±)
mit APt+1: Angebotspotenzial zum Zeitpunkt t+1, Abst+1: Absolventen zum Zeitpunkt t+1, REt+1: Studienabsolventen zum Zeitpunkt t+1, REt+1: Renteneintritte zum Zeitpunkt t+1

Die prognostizierten Werte des Angebotspotenzials sind demnach Funktionen des Arbeitsangebotspotenzials (AP) zum Zeitpunkt t, der Absolventen (Abs) zum Zeitpunkt t+1 sowie der Zahl der Renteneintritte (RE) im Jahr t+1.

Die in der Formel angegebenen Vorzeichen verdeutlichen, ob die Einflussfaktoren positiv oder negativ auf die prognostizierte Größe wirken.

Studien- und Ausbildungsabsolventen im Jahr t+1:

Neben der demografischen Entwicklung der bereits Beschäftigten, werden vor allem die Zugänge aus Studien- und Ausbildungsgängen maßgeblich das Arbeitsangebotspotenzial der kommenden Jahre bestimmen. Die zukünftige Entwicklung dieser Größe ist von vielen Faktoren, wie zum Beispiel der Anzahl der Studien- und Ausbildungsplätzen an Schulen und Universitäten, der Entwicklung der Studienzugangsberechtigungen, aber auch von der Attraktivität der relevanten Berufsbilder abhängig.

Zur Ermittlung der Studien- und Ausbildungsabsolventen kann vorerst auf Studien- bzw. Ausbildungsanfängerzahlen zurückgegriffen werden. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Studiendauer von 5 Jahren bzw. einer Ausbildungsdauer von 3 Jahren sowie durchschnittlichen Abbrecherquoten von 35% im Studium und 20% bei Auszubildenden, können bis zum Jahr 2018 sehr valide Daten berechnet werden. Für den sich anschließenden Betrachtungszeitraum werden die Zahlen berufsspezifisch fortgeschrieben.

In der Schätzung wird angenommen, dass sich Absolventinnen / Absolventen mit schulischer oder dualer Qualifikation tendenziell für eine Anstellung in der Region ihrer Ausbildung entscheiden, während sich Studienabsolventinnen / -absolventen österreichweit um einen Arbeitsplatz bewerben. Bei der Verteilung der Absolventinnen / Absolventen auf die NUTS-3 Regionen wird methodisch davon ausgegangen, dass sich die Absolventinnen / Absolventen entsprechend der Unternehmensnachfrage verteilen. Im Berechnungsmodell wurde daher die Annahme getroffen, dass sich die Absolventinnen / Absolventen der einzelnen Qualifikationsniveaus und Tätigkeitsfelder dort eine Stelle suchen, wo diese ausgeübt bzw. nachgefragt wird. Als Verteilungsschlüssel dient somit für die Studienabsolventinnen / -absolventen der Anteil der UB in einer NUTS-3 Region an der gesamtösterreichischen Zahl der UB. Für die Pflichtschul- und Schulabsolventinnen / -absolventen wird ein analoger Schlüssel für die Verteilung innerhalb Oberösterreichs verwendet. Für die Lehrlinge liegen Daten auf NUTS-3 Ebene vor.

Renteneintritte im Jahr t+1:

Zur Modellierung der Renteneintritte wurde ein dynamisches Rentenmodell entwickelt. Hiermit wird – um der realen Entwicklung gerecht zu werden – ein über den Zeitverlauf steigendes tatsächliches Renteneintrittsalter simuliert. Ausgehend von der Entwicklung des tatsächlichen Renteneintrittsalters in der Vergangenheit wird der zukünftige Verlauf des Renteneintrittsalters projiziert. Dies führt beispielsweise für das Jahr 2015 zu einem angenommenen Renteneintrittsalter von 59 (Männer) bzw. 57 (Frauen) Jahren. Im Gegensatz zu einer Modellierung mit festem Renteneintrittsalter für alle Jahre kann auf diese Weise die Ergebnisberechnung in jedem Jahr mit dem zum jeweiligen Zeitpunkt zu erwarteten Eintrittsalter erfolgen. Dies gewährleistet eine wirklichkeitsgetreue Kalkulation und stellt somit möglichst akkurate Ergebnisse sicher.

Modellierung der Nachfrageseite

Die Fachkräftenachfrage des Arbeitsmarktes setzt sich, wie in der obenstehenden Abbildung verdeutlicht, aus folgenden Komponenten zusammen:

  • Basis: unselbständig Beschäftigte (UB)
  • Ergänzungsbedarf: konjunkturbedingter und strukturbedingter Ergänzungsbedarf
  • Ersatzbedarf: demografiebedingter Ersatzbedarf

Die unselbstständig Beschäftigten (UB) bilden die Basis und damit gleichzeitig die gedeckte Fachkräftenachfrage. Diese beiden Komponenten der Nachfrageseite sind identisch zur Angebotsseite. Die ungedeckte Fachkräftenachfrage setzt sich aus dem konjunktur- und strukturbedingten Ergänzungsbedarf sowie dem demografiebedingten Ersatzbedarf zusammen. Ersatzbedarfe ergeben sich aus den altersbedingt ausscheidenden Erwerbstätigen, die entsprechend unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung für Zusatzbedarfe sorgen. Ergänzungsbedarfe bzw. -überschüsse hingegen ergeben sich aus der strukturellen Entwicklung.

Datenbasis

Um die potenzielle Nachfrage der Unternehmen prognostizieren zu können, werden die Daten der WKO Unternehmensbefragung zur Beschäftigungsentwicklung in den Sparten der WKO verwendet. Für die Industrie werden zusätzlich die Daten aus der Unternehmensbefragung der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IVOÖ) betrachtet. Die Verwendung der Unternehmensbefragung als Beschäftigungsindikatoren hat den Vorteil, dass dem – in Abhängigkeit der konjunkturellen Lage – branchenspezifisch sehr unterschiedlichen Nachfragepotenzial der Unternehmen Rechnung getragen werden kann. Zur Projektion zukünftiger Entwicklungen werden die mittelfristigen Beschäftigungsprognosen in den Wirtschaftszweigen in Oberösterreich von AMS und WIFO verwendet. Die Verteilung des branchenspezifischen Nachfragepotenzials auf die Regionen erfolgt über die aktuelle Beschäftigungsstruktur. Für die Differenzierung nach Qualifikationen und Tätigkeitsfelder werden die Daten der abgestimmten Erwerbsstatistik von Statistik Austria verwendet.